Haushaltsrede 2008 des Fraktionssprechers Heijo Höfer

Veröffentlicht am 19.02.2008 in Fraktion

Sehr geehrter Herr Landrat,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

nicht nur für die SPD-Fraktion stellt dieser Kreishaushalt einen Wendepunkt in der Haushaltswirtschaft des Landkreises dar.

Erstmals nach kaufmännischen Regeln aufgestellt, offenbart er mehr als nur die bloßen Ein- und Auszahlungen, sondern er zeigt uns auch die Erträge und Aufwendungen, insbesondere die Veränderung unserer Eigentumssubstanz. Er zeigt uns auch, ob wir wirtschaftlich und mit Blick auf nach uns kommende Generationen handeln.

Der Haushalt 2008 weist einen Fehlbedarf von knapp zwei Mio. Euro aus, und das, obwohl wir noch vor wenigen Monaten mit dem auch von uns mitgetragenen Finanzkonzept die Altfehlbeträge ausgeglichen hatten. Eine Erhöhung der Kreisumlage um zwei Punkte wäre nötig, um wenigstens den Finanzhaushalt auszugleichen, fünfeinhalb Punkte müssten es sein, um gar den Ergebnishaushalt auszugleichen. Letzteres verlangen das Gesetz und die kaufmännischen Grundsätze.

So wie es aussieht, gibt es weder für das eine noch für das andere eine Mehrheit außerhalb unserer Fraktion. Wir weisen aber auf diese Notwendigkeiten ausdrücklich hin und sind froh, dass die Resolution mit der Ankündigung eventueller Umlageerhöhungen im Jahr 2009 nachher beschlossen werden wird. Insoweit sind wir zufrieden, dass die anderen Fraktionen im Kreistag mit uns in den Vorberatungen diese Problematik intensiv diskutiert haben und die Zeichen der Zeit erkennen.
Denn das vor Kurzem beschlossenen Finanzkonzept, der Transfer der RWE-Aktien, hat ja nur in Höhe von 6,6 Mio. wirklich Schulden getilgt, für die wir nun keine Zinsen mehr zahlen müssen. Die übrigen Erlöse sind Insichgeschäfte gewesen, bei denen Schulden in die Haushalte der kreiseigenen Betriebe und Gesellschaften verschoben wurden, um die positive Gegenbuchung im Kreishaushalt zeigen zu können. Reicher sind wir dadurch nicht geworden.

Aber gerade diese Gegenbuchungen nutzen wir im heute zu beschließenden Haushalt, um recht viel Geld auszugeben. Und hier ist auch unsere Fraktion im Zwiespalt. Einerseits begrüßen wir die Investitionen in den Schulbau und in den Straßenbau, andererseits müssen wir bei genauerem Hinsehen feststellen, dass dies eigentlich kaum Investitionen in neue Dinge sind, sondern es ist das Abarbeiten des immensen Sanierungsstaus, der sich im Laufe der letzten Jahrzehnte beim Kreisvermögen gebildet hat. Es ist müßig zu fragen, wer in diesen Jahren die Verantwortung getragen hat.
Wir sind aber froh, dass durch diese Maßnahmen die Rahmenbedingungen, unter denen unsere Region zu arbeiten hat, deutlich verbessert werden können. Außerdem enthält der Haushalt zusätzliche Ausgaben, die auf unseren Vorschlägen bzw. den Ideen des ausgeschiedenen Beigeordneten Dietmar Schumacher beruhen. Zu diesen Mehrausgaben stehen wir, denn dadurch ist der Gedanke der Prävention stärker in den Vordergrund gerückt. Die von Dietmar Schumacher entwickelten Ansätze sind geeignet, Fehlentwicklungen bei Jugendlichen und älteren Menschen zu vermeiden und damit späteren hohen Belastungen des Sozialetats unseres Haushaltes vorzubeugen.

Alles in allem überwiegen die positiven Aspekte dieses Hauhaltes, so dass unsere Fraktion mehrheitlich zustimmen wird.

Wir sind es zwischenzeitlich gewohnt, die Haushaltseckdaten vor der Kreistagssitzung in der Zeitung zu lesen. Das kann man tolerieren, weil auch die Presse zu ihrem Recht auf möglichst exklusive Information kommen möchte.

Irritiert, Herr Landrat, sind wir aber über Aussagen, die weder in den Kreisgremien vorbesprochen sind, oder aber bislang mit anderen Inhalten belegt sind.
Es geht um Ihre Äußerungen zur zukünftigen Schullandschaft. Die SPD hat im vergangenen Jahr die Erarbeitung eines Schulentwicklungsplanes durch ein unabhängiges Fachbüro gefordert. Unsere Forderung verhallte ungehört. Dann hat die ADD diese Forderung gestellt. In diesem Zusammenhang haben wir darüber gesprochen, dass wir uns über die Rahmenbedingungen für einen solchen Auftrag unterhalten müssen. Nichts ist passiert. Und nun entnehmen wir als staunende Öffentlichkeit, dass Sie uns diesen Plan bis Juni zur Entscheidung vorlegen werden, und dass Sie sich externer Hilfe bedienen. Wir freuen uns zwar darüber, dass endlich etwas geschieht, aber es hätte sich gehört, die Kreisgremien, den Schulträgerausschuss und den Kreisausschuss, zu informieren. Wer berät den Landkreis? Wie hoch ist das Honorar? Gibt es inhaltliche Vorgaben oder Wünsche an den Berater? Ich hoffe, Herr Landrat, wenigstens Ihre Fraktion kennt die Hintergründe.

Ein anderes Thema ist die von Ihnen in der Zeitung schon fast, ja, wie soll man sagen, „festgegossene“ Schullandschaft. Wir waren uns einig, dass zunächst die Wünsche und Ideen aus den einzelnen Verbandsgemeinden und der Stadt Herdorf gesammelt und bewertet werden sollen, wobei wir möglichst Rücksicht auf die Situation vor Ort nehmen wollten. Noch mitten in diesem Prozess sagen Sie, zum Beispiel für den Bereich der Verbandsgemeinden Flammersfeld und Altenkirchen, dass es keine neuen berufsbildenden Angebote brauche. Die Schüler sollen bitteschön nach Wissen und Betzdorf fahren. Wenn das das Ergebnis einer nachvollziehbaren Argumentation wäre, würden wir uns ja gerne darauf einlassen. Aber so? Die Zeitung sagt, Sie seien in der Frage der Realschule plus-plus, also mit Fachoberschule in den Klassen 11 und 12, „zurückhaltend“. Ich werte es mal so, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen sein kann. Denn dies würde dem widersprechen, was gemeinsam mit der ADD andiskutiert wurde. Und es würde einen Großteil des Landkreises von einer gleichberechtigten Teilhabe an Schulangeboten abschneiden. Ich gehe davon aus, dass wir im Kreistag eine Lösung finden wollen, die von sehr vielen von uns mitgetragen werden kann und die es nicht nötig hat, in Form von knappsten Kampfabstimmungen das Licht der Welt zu erblicken.

Die Vorberatungen zum Haushalt haben uns gezeigt, wie viel Neuland beackert werden muss. Für die engagierte Arbeit der Beschäftigten, insbesondere für die durch die Doppik verursachten zusätzlichen Belastungen, die hervorragend gemeistert werden, sagen wir genau so Dank wir für die gute Arbeit während des ganzen Jahres.

Die Wirtschaftpläne der kreiseigenen Betriebe finden unsere Zustimmung. Die Kulturellen Einrichtungen und der Abfallwirtschaftsbetrieb machen gute Arbeit und haben in den letzten Jahren eine deutlich positive Entwicklung genommen. Gleiches kann man von der Westerwaldbahn sagen, die sich als kleines, aber feines Unternehmen gut im regionalen Nahverkehr behauptet. Den Geschäftsführungen und allen Beschäftigten sagen wir ein herzliches Dankeschön.

Wie gesagt, die SPD-Kreistagsfraktion stimmt dem Haushalt und der Resolution mehrheitlich zu.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Kreistag Altenkirchen, 18. Februar 2008