„Schreckgespenst des demografischen Wandels vertreiben“ – Kreis-SPD diskutierte über Handlungsoptionen für Kommunen

Veröffentlicht am 04.09.2012 in Pressemitteilung

von links: Bernd Brato, Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Christine Loth, Stefan Reuß, Andreas Hundhausen

„Den demografischen Wandel nicht als Bedrohung sondern als Chance für die kommunale Entwicklung sehen.“ Dieser Appell zog sich als Roter Faden durch die jüngste kommunalpolitische Veranstaltung der Sozialdemokraten im Kreis Altenkirchen. Der SPD-Kreisverband, die SPD-Kreistagsfraktion und der SGK-Regionalverband Altenkirchen hatten gemeinsam zur Diskussion über die Herausforderungen des demografischen Wandels für Politik und Gesellschaft in die Betzdorfer Bürgergesellschaft geladen. Als Referenten hatten die Genossen die Sprecherin der Arbeitsgruppe „Miteinander der Generationen“ der SPD-Bundestagsfraktion MdB Sabine Bätzing-Lichtenthäler, die Demografie-Beauftragte der Stadt Kirchen Christine Loth sowie den Landrat des Werra-Meißner-Kreises Stefan Reuß gewinnen können.

Man wolle das Thema noch stärker ins Bewusstsein der Menschen bringen und zum Nachdenken anregen, erklärte der SPD-Kreisvorsitzende Andreas Hundhausen zu Beginn der Veranstaltung. „Was verbirgt sich tatsächlich hinter dem Demografiebegriff? Welche Auswirkungen hat dieser für die zukünftige Entwicklung des ländlichen Raums und welche Handlungsmöglichkeiten haben wir vor Ort?“ Diese Fragen standen für die Sozialdemokraten im Mittelpunkt der weiteren Diskussion.

Sabine Bätzing-Lichtenthäler berichtete zunächst über die Arbeit der Projektgruppe der SPD-Bundestagsfraktion. Die Auswirkungen des demografischen Wandels seien in den Kommunen unmittelbar spürbar. Deshalb müssten diese in besonderer Weise unterstützt werden, erklärte die SPD-Politikerin. Kritik äußerte Bätzing-Lichtenthäler am Strategiepapier der schwarz-gelben Bundesregierung, das zu kurz greife und Lücken enthalte. Auch stünden viele Aussagen im Widerspruch zum aktuellen Regierungshandeln. Es dürfe nicht sein, dass die Frage der Zuständigkeiten oftmals auf Länder und Kommunen geschoben werde. Die Arbeitsgruppe hat deshalb ein Zehn-Punkte-Sofortprogramm erarbeitet, das die Förderung des Miteinanders zwischen Bund, Ländern und Kommunen in den Mittelpunkt stellt. Zu den Forderungen der SPD zählen unter anderem die Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen in Schule und Berufsausbildung, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, faire Löhne, soziale Sicherheit, stärkere Teilhabe älterer Menschen und nicht zuletzt die Stärkung der Kommunen, z.B. bei der Städtebauförderung.

„Pionierarbeit“ auf dem Feld der demografischen Entwicklung hat der hessische Werra-Meißner-Kreis im Dreiländereck mit Niedersachsen und Thüringen geleistet. Landrat Stefan Reuß (SPD) hatte nach seinem Amtsantritt das Thema zur „Chefsache“ erklärt und einen fachbereichsübergreifenden „Stab Demografie“ innerhalb der Kreisverwaltung mit der Bearbeitung betraut. Ergebnisse waren zwei Demografieberichte und die Entwicklung eines regionalen Entwicklungskonzeptes als Leitbild für die weiteren Handlungsfelder. Dieses sieht neben der wirtschaftlichen Weiterentwicklung sowie dem Erhalt der natürlichen und kulturellen Vielfalt auch das Aufzeigen von Perspektiven für alle Generationen vor. So habe man auf Grundlage des Leitbildes verschiedene Masterpläne erstellt, beispielsweise zur Verbesserung der Daseinsvorsorge der Menschen in den Dörfern (Stichwort Dorfläden) oder zur Erhöhung der Mobilität. Auch in Schulen konnte dank finanzieller Zuschüsse investiert werden, um Betreuungsangebote auszubauen und damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen. Ohne das Vorhalten entsprechender Infrastrukturangebote könnten auch keine Familien bzw. Arbeitskräfte angelockt werden, verdeutlichte Reuß.
Die verschiedenen Maßnahmen hätten dazu geführt, dass sich der prognostizierte Rückgang der Bevölkerung spürbar verringert habe und man im vergangenen Jahr erstmals mehr Zuzüge als Wegzüge verzeichnen konnte. „Wenn man kommunalpolitisch gestalten will, ist vieles möglich. Man muss den Mut haben, etwas anzupacken und auszuprobieren“, so das Fazit des Landrates.

Christine Loth stellte im Anschluss das gemeinsam mit der Universität Siegen erarbeitete Demografiekonzept der Stadt Kirchen vor. Die Demografiebeauftragte hielt dabei ein Plädoyer für die Bürgerbeteiligung vor Ort. Man habe insgesamt 21 Personen für die vier Arbeitskreise zu den Themen „Soziale Netzwerke“, „Infrastruktur und Versorgung“, „Arbeitsmarkt und Wirtschaftsstandort“ sowie „Wohnstandort und Immobilienmarkt“ gewinnen können. Eine Koordinierungsstelle kümmert sich darum, die verschiedenen Ideen auf den Weg zu bringen. Die Förderung des Ehrenamtes sei in dem Prozess von zentraler Bedeutung. Wichtig sei es, das bürgerschaftliche Engagement langfristig anzulegen und sich nicht mit kurzfristigen Marketingmaßnahmen zufrieden zu geben. Einen Schlüssel zum Erfolg sieht die Demografiebeauftragte in der überregionalen Zusammenarbeit. „Das Kirchturmdenken muss aufhören“, so Loth.

Betzdorfs Bürgermeister Bernd Brato, zugleich Vorsitzender des SGK-Regionalverbandes, dankte zum Schluss den Referenten für deren Ausführungen. Der demografische Wandel werde die Kommunen zukünftig stark beschäftigen. Die Vorträge hätten wichtige Impulse für die weitere kommunalpolitische Arbeit gegeben, so Brato.